Der schnelle Tag ist hin, die Nacht schwingt ihre Fahn
Und führt die Sternen auf. Der Menschen müde Scharen
Verlassen Feld und Werk; wo Tier‘ und Vögel waren,
Traurt itzt die Einsamkeit. Wie ist die Zeit vertan!
Der Port naht mehr und mehr sich zu der Glieder Kahn.
Gleich wie dies Licht verfiel, so wird in wenig Jahren
Ich, du, und was man hat und was man sieht, hinfahren.
Dies Leben kömmt mir vor als eine Rennebahn.
Laß, höchster Gott, mich doch nicht auf dem Laufplatz gleiten,
Laß mich nicht Ach, nicht Pracht, nicht Lust, nicht Angst verleiten!
Dein ewig heller Glanz sei vor und neben mir!
Laß, wenn der müde Leib entschläft, die Seele wachen,
Und wenn der letzte Tag wird mit mir Abend machen,
So reiß mich aus dem Tal der Finsternis zu dir.
(Andreas Gryphius)
Dies Sonett ist nicht nur durch den barocken Vanitasgedanken bestimmt. Es zeichnet auch ein atmosphärisch dichtes Bild des Abends und atmet einen Geist von Gottvertrauen, wie er in der Moderne kaum noch überlebt hat. Damit ist es nicht nur Ausdruck eines Weltgefühls der Epoche, sondern auch einer persönlichen Individualität. Mich hat es schon früh persönlich angesprochen.
Objektiver ist dieser Zugang zum Gedicht.
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